Brumm und Stille dachten niemals, dass sie das sogleich Folgende eines Tages tatsächlich aussprechen, beziehungsweise schreiben würden, heute aber ist es so weit: Erstmals seit Pandemiebeginn befürworten auch sie, und zwar dringend, einen scharfen Shutdown.
Um die Menschheit vor weiterer, exponentiell zunehmender, Dummheit und damit einhergehender Selbstzerstörung zu bewahren, bleibt nichts anderes mehr übrig, als das Internet komplett herunterzufahren, entweder bis Normalität einkehrt, oder noch besser, endgültig, für immer, damit die Menschen sich daran erinnern, wie es ist, in der Realität zu leben.
Mittwoch, 9. Dezember 2020
Dienstag, 25. August 2020
UN CHIEN D`ESPACE - MOTORPSYCHO
Am Anfang war der uni Verse, der eine Ton. Manche nennen ihn den Urknall. In Wahrheit heißt er Brumm.
Brumm brummt ewig vor sich hin und ist mit sich und der Welt im Reinen. Ein paar Milliarden Jahre hört man im Universum nichts Anderes, als ein einziges, langgezogenes und nie enden wollendes Brummen. Doch dann macht Brumm den verheerenden Fehler, sich selber Fragen zu stellen: Was mach ich hier? Worin liegt der Sinn? Wer hat sich den Mist bloß ausgedacht? Kann das schon alles sein? Soll in seinem Leben nichts Anderes mehr passieren, als dieses ständige vor sich hin Gebrumme?
Der Unterton in seiner Stimme verändert sich und wird unaufhörlich depressiver. Irgendwann klingt Brumm so schrecklich, dass er dem Ganzen nur noch schnell ein Ende setzen möchte. In diesem Augenblick geschieht etwas Seltsames, zugleich jedoch auch Wundervolles: Brumm widerfährt der erste kleine klare Moment in seinem Leben. Für den Bruchteil einer Sekunde wird alles, was er bisher glaubte, auf den Kopf gestellt. Er kommt sich vor, als hätte ein verzauberter Komet seine lang verschütteten Sinne gestreift und erneut zum Leben erweckt, als würden ihm die verklebten Augen geöffnet und er könne endlich wieder klarsehen.
Es ist wie mit Sternen und Planeten: Wer selber leuchten will, kann nicht erleuchtet werden. Oder, um es auf Brumm abzuwandeln: Wer ständig vor sich hin brummt, hört nie, wie schön das Leben ist. Genau dies aber hat er nun vor: Das soeben wieder gefundene Sinnesorgan gleich nochmal ausprobieren, sich freimachen von den eigenen Überzeugungen, unbekannte Wahrheiten in sich einströmen lassen, passiv und unvoreingenommen sein, erst später eine Meinung bilden, für einen weiteren Moment mit Brummen aufhören, schweigen, hören, nichts Anderes mehr tun als hören.
Da ist es wieder. Brumm hat nun die Gewissheit, dass da draußen tatsächlich noch etwas existiert. Er hört genau hin und versucht ihren Namen zu verstehen.
Sie antwortet aber nicht.
Sie? Wieso glaubt Brumm, es mit einem weiblichen Geschöpf zu tun zu haben? Ganz einfach. Er glaubt es nicht, er weiß es, er fühlt es. Denken kann man es jedenfalls nicht nennen, was sich gerade im inneren Teil seines Universums abspielt, und falls doch, dann denkt er an nichts Anderes mehr, als an Ort und Stelle eine stattliche Anzahl kleiner Brummis in den Weltraum zu setzen, oder zumindest schon mal hart daran zu arbeiten. Und dem wäre wohl kaum so, würde es sich bei diesem geheimnisvollen Wesen um ein gleichgeschlechtliches handeln. Viel mehr kommt es ihm vor, als hätte er das Gegenteil von sich gefunden, oder besser gesagt; sein passendes Gegenstück. Etwas das er außerordentlich lange vermisst hat, und durch dessen plötzlicher Anwesenheit er zum ersten Mal, seit Brumm-Gedenken, sich endlich wieder vollständig fühlt.
Gleichzeitig aber bringt die wunderschön klingende Unbekannte jegliche Ordnung im Weltall durcheinander. Brumm fühlt sich, als wären sämtliche positiven Emotionen zu einer einzigen vereint worden. Er schafft es erneut den Drang zu unterdrücken, einfach wieder drauf los zu brummen und erzeugt einen weiteren kleinen klaren Moment, indem er sich vollkommen aufs Hören konzentriert. Dabei wünscht er sich ein zweites Mal, diesmal aber aus tiefstem Herzen, ihren Namen erfahren zu dürfen, und sperrt deshalb seine galaktischen Lauschlöffel ganz besonders weit auf.
Wieder keine Antwort. Wieder nur dieser unbeschreiblich schöne klare Moment. Immer noch ein kleiner Moment, aber wenigstens schon ein bisschen länger als der vorherige. Lang genug jedenfalls, dass, nach anfänglicher Enttäuschung, die Stimmung beginnt umzuschlagen. Genau genommen findet er ihre Haltung gar nicht mal so unsympathisch, sie zeugt von einem eigenen Kopf und macht sie dadurch nur umso interessanter. Brumms Purzelbäume schlagende Phantasie wird gleich nochmal um ein Vielfaches mehr angeregt, und in diesem Zustand fällt es ihm nicht schwer, sich einen passenden Namen für das Objekt seiner Begierde einfallen zu lassen. Er tauft sie auf den Namen Stille.
Liebe auf den ersten Blick ist vielleicht der falsche Ausdruck. Brumm ist dennoch vom ersten Moment an, über sämtliche Ohren, verschossen in die schöne Unbekannte mit dem ruhigen Wesen. Aber auch wenn sie die Antwort auf alles zu sein scheint, so stellen sich ihm trotzdem noch weitere Fragen. Wer ist sie? Wo war sie die ganze Zeit? War sie vielleicht schon immer da? Hat er Volldepp sie nur nie gehört, weil er die ganze Zeit am Brummen war?
Ach egal. All diese Fragen betreffen doch bloß die Vergangenheit. Und wen interessiert schon was einmal war. Es gibt Wichtigeres zu tun auf dieser Welt. Zum Beispiel die schöne Unbekannte, nach allen Regeln der Kunst, richtig zu umgarnen. Leider muss sich Brumm dazu auf völlig fremdes Terrain begeben und stellt sich dementsprechend dabei auch an.
Er bekommt es allerdings auch wahrlich nicht leichtgemacht. Es scheint, als ob die, ohnehin schon sehr zurückhaltende Stille, nun vor lauter Aufregung erst recht nicht aus sich heraus gehen kann. Das Gespräch der beiden lässt sich als ein solches kaum bezeichnen und wird in Sachen Zart- und Schüchternheit nur schwerlich jemals wieder zu überbieten sein. Doch obwohl sich Brumm bemüht, sein Stottern nur zu hauchen, brummt er natürlich weiterhin gewaltig. Für Außenstehende (falls es da draußen wirklich welche geben sollte) muss es sich in etwa so anhören: Stille. Brumm, Brumm, Stille. Brumm. Brumm, Brumm. Stille. Brumm. Brumm, Stille… Wobei die eben dahingeklecksten Buchstaben nur ansatzweise wiederspiegeln, was sich zwischen den beiden tatsächlich abspielt. Aber immerhin schon mal aufzeigen, wer zumeist das letzte Wort hat.
Dies jedoch wird die Gegenseite erst um einiges später wahrnehmen. Im Moment erfreuen sich Brumm und Stille beide viel zu sehr der Kommunikation, als dass sie jemals wieder damit aufhören wöllten. Sie experimentieren ununterbrochen in allen erdenklichen Klangstellungen und überlegen sich ständig neue Möglichkeiten, was sie in Sachen Lautstärke und Reihenfolge sonst noch alles ausprobieren könnten. Beide übernehmen abwechselnd die Führungsrolle. Mal ist er oben, mal sie. Mal hat der eine mehr zu sagen, mal die andere. Meistens die andere...
Gut möglich, dass im Universum nicht alles ausgeglichen ist, muss es auch gar nicht sein. Ist es doch viel schöner, wenn man sich gegenseitig ergänzt, und in dieser Hinsicht klappt es hervorragend. Einer lernt vom anderen, und so haben Brumm und Stille jede Menge Spaß und verbringen eine mehr als harmonische Zeit miteinander.
Zumindest so lange, bis sie es mit ihren Experimenten übertreiben und daraus der erste kleine Krach entsteht. Stille ist genervt, weil Brumm nie mit etwas zufrieden ist, einfach nicht auf den Punkt kommt und alles immer ewig lang hinaus zögern muss. Brumm dagegen meint: Ach was, die soll gefälligst aufhören mit ihrem ewigen Rumgezicke, die hat nur mal wieder ihre Jahre…
Doch alles gegenseitig Schuld zuweisen ist vergebens. Die Lösung liegt woanders. Da aber die planetarische Paartherapie noch nicht erfunden, und im ganzen Universum weit und breit kein Mediator aufzutreiben ist, versuchen sie selber darauf zu kommen, was sie in diese missliche Lage gebracht haben könnte. Sie analysieren ihren Krach, zerlegen ihn in seine Einzelteile und fügen ihn komplett neu zusammen. Daraus entwickelt sich die erste Melodie im ganzen Universum. Brumm und Stille taufen sie gemeinsam auf den Namen Musik. Zum ersten Mal seit langem sind sich die beiden wieder einig: Nichts klingt schöner als Musik. Nichts, aber auch gar nichts könnte ihr Leben mehr bereichern.
Nur ist leider auch das schönste Produkt einer Liebe keine Garantie, dass der Haussegen nicht schon bald wieder schief hängt. Die kleine Musik wächst schneller über sich hinaus, als ihre Eltern die Pause-Taste drücken könnten. In kürzester Zeit blüht sie zu einer Lawine von Tönen heran, die sich durch nichts, aber auch gar nichts, bändigen lässt. Während ihre Erzeuger etwas Anderes im Sinn hatten, nimmt die Musik sich sämtliche Freiheiten heraus und macht nur noch was sie selbst für richtig befindet.
Brumm und Stille sind mit der neuen Situation regelrecht überfordert und wollen einfach nicht wahrhaben, dass auf einmal alles so schnell geht. Trotz vollkommen unterschiedlicher Auffassungen zerren beide gleichermaßen an der Musik herum. Brumm in die eine, Stille in die andere Richtung. Was dabei herauskommt, ist der mit Abstand heftigste Sound, den die Galaxie, Zeit ihrer Existenz, zu hören bekam. Es lässt sich nicht vermeiden, dass die eben noch so liebliche Musik, sich - angestachelt durch eine enorme Rückkopplung - zu einer riesigen Kugel ballt, die später einmal eine Gefahr fürs ganze Universum darstellt. Weil dies wiederum aber mehr an einer bisweilen nicht näher zu identifizierenden Spezies liegt, die sich erst in vielen Jahrmillionen den Planeten unter den Nagel reißt, wollen wir an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen. Noch reden wir von einem unschuldigen Ort, der erst viel später einmal als Erde betitelt wird. Noch ist dieser Ort nichts Anderes, als eine äußerst sympathische, musikalisch leicht übergewichtige runde Kugel, die sich wie im Paradies fühlt, weil sie bereits alles in sich trägt, was sie für ein langes Leben braucht, und zwar im Überfluss. Und weil sie sich dessen bewusst ist, versucht sie wenigstens ihr Gewicht zu halten, indem sie sich selbst ein wenig Bewegung verordnet. Demzufolge fängt sie mit Frühsport an und beginnt sich um die Sonne zu drehen. Ein Typ namens Mond gesellt sich als weiterer Tanzpartner hinzu und schon bald haben alle ihren Spaß. Die Rollen sind gleichberechtigt verteilt. Im Universum tanzt jeder mal mit jedem. Es wird gekreiselt, gewirbelt, geschunkelt, gehüpft, geflogen. Manche halten es für ein heilloses Durcheinander, tatsächlich aber ist alles nur eines, ein multidimensionaler Squaredance.
Brumm brummt ewig vor sich hin und ist mit sich und der Welt im Reinen. Ein paar Milliarden Jahre hört man im Universum nichts Anderes, als ein einziges, langgezogenes und nie enden wollendes Brummen. Doch dann macht Brumm den verheerenden Fehler, sich selber Fragen zu stellen: Was mach ich hier? Worin liegt der Sinn? Wer hat sich den Mist bloß ausgedacht? Kann das schon alles sein? Soll in seinem Leben nichts Anderes mehr passieren, als dieses ständige vor sich hin Gebrumme?
Der Unterton in seiner Stimme verändert sich und wird unaufhörlich depressiver. Irgendwann klingt Brumm so schrecklich, dass er dem Ganzen nur noch schnell ein Ende setzen möchte. In diesem Augenblick geschieht etwas Seltsames, zugleich jedoch auch Wundervolles: Brumm widerfährt der erste kleine klare Moment in seinem Leben. Für den Bruchteil einer Sekunde wird alles, was er bisher glaubte, auf den Kopf gestellt. Er kommt sich vor, als hätte ein verzauberter Komet seine lang verschütteten Sinne gestreift und erneut zum Leben erweckt, als würden ihm die verklebten Augen geöffnet und er könne endlich wieder klarsehen.
Es ist wie mit Sternen und Planeten: Wer selber leuchten will, kann nicht erleuchtet werden. Oder, um es auf Brumm abzuwandeln: Wer ständig vor sich hin brummt, hört nie, wie schön das Leben ist. Genau dies aber hat er nun vor: Das soeben wieder gefundene Sinnesorgan gleich nochmal ausprobieren, sich freimachen von den eigenen Überzeugungen, unbekannte Wahrheiten in sich einströmen lassen, passiv und unvoreingenommen sein, erst später eine Meinung bilden, für einen weiteren Moment mit Brummen aufhören, schweigen, hören, nichts Anderes mehr tun als hören.
Da ist es wieder. Brumm hat nun die Gewissheit, dass da draußen tatsächlich noch etwas existiert. Er hört genau hin und versucht ihren Namen zu verstehen.
Sie antwortet aber nicht.
Sie? Wieso glaubt Brumm, es mit einem weiblichen Geschöpf zu tun zu haben? Ganz einfach. Er glaubt es nicht, er weiß es, er fühlt es. Denken kann man es jedenfalls nicht nennen, was sich gerade im inneren Teil seines Universums abspielt, und falls doch, dann denkt er an nichts Anderes mehr, als an Ort und Stelle eine stattliche Anzahl kleiner Brummis in den Weltraum zu setzen, oder zumindest schon mal hart daran zu arbeiten. Und dem wäre wohl kaum so, würde es sich bei diesem geheimnisvollen Wesen um ein gleichgeschlechtliches handeln. Viel mehr kommt es ihm vor, als hätte er das Gegenteil von sich gefunden, oder besser gesagt; sein passendes Gegenstück. Etwas das er außerordentlich lange vermisst hat, und durch dessen plötzlicher Anwesenheit er zum ersten Mal, seit Brumm-Gedenken, sich endlich wieder vollständig fühlt.
Gleichzeitig aber bringt die wunderschön klingende Unbekannte jegliche Ordnung im Weltall durcheinander. Brumm fühlt sich, als wären sämtliche positiven Emotionen zu einer einzigen vereint worden. Er schafft es erneut den Drang zu unterdrücken, einfach wieder drauf los zu brummen und erzeugt einen weiteren kleinen klaren Moment, indem er sich vollkommen aufs Hören konzentriert. Dabei wünscht er sich ein zweites Mal, diesmal aber aus tiefstem Herzen, ihren Namen erfahren zu dürfen, und sperrt deshalb seine galaktischen Lauschlöffel ganz besonders weit auf.
Wieder keine Antwort. Wieder nur dieser unbeschreiblich schöne klare Moment. Immer noch ein kleiner Moment, aber wenigstens schon ein bisschen länger als der vorherige. Lang genug jedenfalls, dass, nach anfänglicher Enttäuschung, die Stimmung beginnt umzuschlagen. Genau genommen findet er ihre Haltung gar nicht mal so unsympathisch, sie zeugt von einem eigenen Kopf und macht sie dadurch nur umso interessanter. Brumms Purzelbäume schlagende Phantasie wird gleich nochmal um ein Vielfaches mehr angeregt, und in diesem Zustand fällt es ihm nicht schwer, sich einen passenden Namen für das Objekt seiner Begierde einfallen zu lassen. Er tauft sie auf den Namen Stille.
Liebe auf den ersten Blick ist vielleicht der falsche Ausdruck. Brumm ist dennoch vom ersten Moment an, über sämtliche Ohren, verschossen in die schöne Unbekannte mit dem ruhigen Wesen. Aber auch wenn sie die Antwort auf alles zu sein scheint, so stellen sich ihm trotzdem noch weitere Fragen. Wer ist sie? Wo war sie die ganze Zeit? War sie vielleicht schon immer da? Hat er Volldepp sie nur nie gehört, weil er die ganze Zeit am Brummen war?
Ach egal. All diese Fragen betreffen doch bloß die Vergangenheit. Und wen interessiert schon was einmal war. Es gibt Wichtigeres zu tun auf dieser Welt. Zum Beispiel die schöne Unbekannte, nach allen Regeln der Kunst, richtig zu umgarnen. Leider muss sich Brumm dazu auf völlig fremdes Terrain begeben und stellt sich dementsprechend dabei auch an.
Er bekommt es allerdings auch wahrlich nicht leichtgemacht. Es scheint, als ob die, ohnehin schon sehr zurückhaltende Stille, nun vor lauter Aufregung erst recht nicht aus sich heraus gehen kann. Das Gespräch der beiden lässt sich als ein solches kaum bezeichnen und wird in Sachen Zart- und Schüchternheit nur schwerlich jemals wieder zu überbieten sein. Doch obwohl sich Brumm bemüht, sein Stottern nur zu hauchen, brummt er natürlich weiterhin gewaltig. Für Außenstehende (falls es da draußen wirklich welche geben sollte) muss es sich in etwa so anhören: Stille. Brumm, Brumm, Stille. Brumm. Brumm, Brumm. Stille. Brumm. Brumm, Stille… Wobei die eben dahingeklecksten Buchstaben nur ansatzweise wiederspiegeln, was sich zwischen den beiden tatsächlich abspielt. Aber immerhin schon mal aufzeigen, wer zumeist das letzte Wort hat.
Dies jedoch wird die Gegenseite erst um einiges später wahrnehmen. Im Moment erfreuen sich Brumm und Stille beide viel zu sehr der Kommunikation, als dass sie jemals wieder damit aufhören wöllten. Sie experimentieren ununterbrochen in allen erdenklichen Klangstellungen und überlegen sich ständig neue Möglichkeiten, was sie in Sachen Lautstärke und Reihenfolge sonst noch alles ausprobieren könnten. Beide übernehmen abwechselnd die Führungsrolle. Mal ist er oben, mal sie. Mal hat der eine mehr zu sagen, mal die andere. Meistens die andere...
Gut möglich, dass im Universum nicht alles ausgeglichen ist, muss es auch gar nicht sein. Ist es doch viel schöner, wenn man sich gegenseitig ergänzt, und in dieser Hinsicht klappt es hervorragend. Einer lernt vom anderen, und so haben Brumm und Stille jede Menge Spaß und verbringen eine mehr als harmonische Zeit miteinander.
Zumindest so lange, bis sie es mit ihren Experimenten übertreiben und daraus der erste kleine Krach entsteht. Stille ist genervt, weil Brumm nie mit etwas zufrieden ist, einfach nicht auf den Punkt kommt und alles immer ewig lang hinaus zögern muss. Brumm dagegen meint: Ach was, die soll gefälligst aufhören mit ihrem ewigen Rumgezicke, die hat nur mal wieder ihre Jahre…
Doch alles gegenseitig Schuld zuweisen ist vergebens. Die Lösung liegt woanders. Da aber die planetarische Paartherapie noch nicht erfunden, und im ganzen Universum weit und breit kein Mediator aufzutreiben ist, versuchen sie selber darauf zu kommen, was sie in diese missliche Lage gebracht haben könnte. Sie analysieren ihren Krach, zerlegen ihn in seine Einzelteile und fügen ihn komplett neu zusammen. Daraus entwickelt sich die erste Melodie im ganzen Universum. Brumm und Stille taufen sie gemeinsam auf den Namen Musik. Zum ersten Mal seit langem sind sich die beiden wieder einig: Nichts klingt schöner als Musik. Nichts, aber auch gar nichts könnte ihr Leben mehr bereichern.
Nur ist leider auch das schönste Produkt einer Liebe keine Garantie, dass der Haussegen nicht schon bald wieder schief hängt. Die kleine Musik wächst schneller über sich hinaus, als ihre Eltern die Pause-Taste drücken könnten. In kürzester Zeit blüht sie zu einer Lawine von Tönen heran, die sich durch nichts, aber auch gar nichts, bändigen lässt. Während ihre Erzeuger etwas Anderes im Sinn hatten, nimmt die Musik sich sämtliche Freiheiten heraus und macht nur noch was sie selbst für richtig befindet.
Brumm und Stille sind mit der neuen Situation regelrecht überfordert und wollen einfach nicht wahrhaben, dass auf einmal alles so schnell geht. Trotz vollkommen unterschiedlicher Auffassungen zerren beide gleichermaßen an der Musik herum. Brumm in die eine, Stille in die andere Richtung. Was dabei herauskommt, ist der mit Abstand heftigste Sound, den die Galaxie, Zeit ihrer Existenz, zu hören bekam. Es lässt sich nicht vermeiden, dass die eben noch so liebliche Musik, sich - angestachelt durch eine enorme Rückkopplung - zu einer riesigen Kugel ballt, die später einmal eine Gefahr fürs ganze Universum darstellt. Weil dies wiederum aber mehr an einer bisweilen nicht näher zu identifizierenden Spezies liegt, die sich erst in vielen Jahrmillionen den Planeten unter den Nagel reißt, wollen wir an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen. Noch reden wir von einem unschuldigen Ort, der erst viel später einmal als Erde betitelt wird. Noch ist dieser Ort nichts Anderes, als eine äußerst sympathische, musikalisch leicht übergewichtige runde Kugel, die sich wie im Paradies fühlt, weil sie bereits alles in sich trägt, was sie für ein langes Leben braucht, und zwar im Überfluss. Und weil sie sich dessen bewusst ist, versucht sie wenigstens ihr Gewicht zu halten, indem sie sich selbst ein wenig Bewegung verordnet. Demzufolge fängt sie mit Frühsport an und beginnt sich um die Sonne zu drehen. Ein Typ namens Mond gesellt sich als weiterer Tanzpartner hinzu und schon bald haben alle ihren Spaß. Die Rollen sind gleichberechtigt verteilt. Im Universum tanzt jeder mal mit jedem. Es wird gekreiselt, gewirbelt, geschunkelt, gehüpft, geflogen. Manche halten es für ein heilloses Durcheinander, tatsächlich aber ist alles nur eines, ein multidimensionaler Squaredance.
Montag, 24. August 2020
WORDS – F. R. DAVID
Inzwischen sind wir mehr als einhunderttausend Verbündete und versuchen gemeinsam einen Planeten, der schon seit Monaten kränkelnd aus der Reihe tanzt, wieder in seine gewohnte Umlaufbahn zurück zu schubsen. Genauer gesagt sind wir einhunderttausend Worte, die sich zusammenschlossen, um endlich das Tageslicht erblicken zu dürfen, einhunderttausend Worte ohne Lektorat, denen die Zeit davonrennt, einhunderttausend Worte, die nicht warten können, bis ihre mutigen Autoren einen ebenso mutigen Verlag gefunden haben, einhunderttausend Worte, die unbedingt jetzt schon beschreiben möchten, wie es sich anfühlt, zwei sehr schöne dunkelblaue Karten für ein Hippiefestival an der Wand hängen zu haben, das um ein Jahr nach hinten, auf den Sommer 2021 verschoben wurde.
Bei dem was momentan passiert, graut uns in die Zukunft schauen zu wollen. Noch ist nicht wirklich davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit wieder Konzerte oder Festivals unter erträglichen Bedingungen stattfinden, dass wir, in gewohnter Weise, Musik genießen dürfen, mit allem was dazu gehört. Sicher ist derzeit nur eines: Diejenigen, die derzeit an der Macht sind und gerne auch weiterhin ihre (angeblich) schützende Hand über unsere Zukunft halten möchten, machen schon in der Gegenwart so ziemlich alles verkehrt was sie überhaupt nur verkehrt machen können. In einer Welt wie diese Menschen sie für uns vorsehen, wollen wir nicht leben, wollten wir nie. Wahrscheinlich hatten wir Worte deshalb gar keine andere Wahl als - dicht aneinandergereiht - eine Art Paralleluniversum zu erschaffen.
Ob uns dies gelungen ist, steht aktuell noch in den Sternen. Ebenso wird sich erst noch herausstellen müssen, ob die Sätze, die wir Worte gemeinsam bilden, sich auch als unterhaltsam erweisen. Noch besser aber wäre es, sie würden zum Denken anregen, oder gar zum Handeln.
Bei dem was momentan passiert, graut uns in die Zukunft schauen zu wollen. Noch ist nicht wirklich davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit wieder Konzerte oder Festivals unter erträglichen Bedingungen stattfinden, dass wir, in gewohnter Weise, Musik genießen dürfen, mit allem was dazu gehört. Sicher ist derzeit nur eines: Diejenigen, die derzeit an der Macht sind und gerne auch weiterhin ihre (angeblich) schützende Hand über unsere Zukunft halten möchten, machen schon in der Gegenwart so ziemlich alles verkehrt was sie überhaupt nur verkehrt machen können. In einer Welt wie diese Menschen sie für uns vorsehen, wollen wir nicht leben, wollten wir nie. Wahrscheinlich hatten wir Worte deshalb gar keine andere Wahl als - dicht aneinandergereiht - eine Art Paralleluniversum zu erschaffen.
Ob uns dies gelungen ist, steht aktuell noch in den Sternen. Ebenso wird sich erst noch herausstellen müssen, ob die Sätze, die wir Worte gemeinsam bilden, sich auch als unterhaltsam erweisen. Noch besser aber wäre es, sie würden zum Denken anregen, oder gar zum Handeln.
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